Mehr oder weniger extreme Bergstraßen in den Alpen sind seit jeher bekannte und beliebte Anziehungspunkte für Motorradfahrer.
Für viele süddeutsche Biker bildet die Mainlinie eine Art Attraktivitätsgrenze;darüber hinaus, glauben sie, wären die Motorradstrecken anspruchsloser.
Falsch........
Hier, im Großraum Kassel, liegen die deutschen Mittelgebirge.
Sie bieten zwar keine alpine Höhen, doch immerhin stolze 800er und Steigungen genug für langsam aufwärts zockelnde Lkw-Kolonnen auf der A7.
Bei der Ausfahrt Homberg/Efze verlassen wir die Autobahn, und schon sind wir in einer völlig anderen, relaxten Welt: Einladende Wege, die sich in sanften Schwüngen durch die Landschaft winden, sollen in den nächsten Tagen unser Motorradrevier sein.
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Das Verkehrsaufkommen ist gering im Waldecker Land, das sich uns bei strahlendem Sonnenschein von seiner allerbesten Seite präsentiert.
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Unser erstes und zugleich westlichstes Ziel ist das noch zum Sauerland gehörende Willingen, Nordhessischer Ferien-, Kur- und Wintersportort mit rekordverdächtigen Besucherzahlen.
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Gleich nach dem Frühstück schieben wir das Bike aus der Garage, um einem sonnigen, heißen Sommertag entgegenzubollern.
Über kleine und kleinste Pfade erreichen wir den Diemelstausee, der malerisch in einem Tal der hügeligen Landschaft liegt.
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Die Versuchung ist groß, die Lederklamotten abzustreifen und den Rest des Tages am Wasser zu verbringen. Doch wir beherrschen uns, denn die Motorradstrecken locken noch mehr.
Heringhausen, Padberg, Adorf, Leitmar, Diemelstadt . Entlang sonnengelber Weizenfelder, durch kühle Waldstücke und vorbei an typischer Fachwerkarchitektur steuern wir bei Volkmarsen die Ruine Kugelsburg an.
Bei einem alkoholfreien Alster und einem saftigen Steak mit Pilzen genießen wir den freien Blick auf das Nordhessische Bergland.
Junge Rindviecher galoppieren neben uns am Weidezaun entlang, gerade so, als wollten sie uns jagen. Überhaupt scheint hier die Natur noch in Ordnung zu sein. Am Himmel beobachten wir Greifvögel mit stattlicher Flügelspannweite und besonders fallen uns die überall und in den unterschiedlichsten Farben blühenden Rosen auf.
Weiter geht es durch den Habichtswald und das Fuldatal nach Hann.Münden.
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Die Straßenzüge der Altstadt säumen bildschöne, restaurierte Fachwerkbauten.
Vor den Stadttoren vereinigen sich Werra und Fulda zur Weser. Wir wählen die rechtsseitige Uferstraße entlang des jungen Flusses, um bei Hemeln nach Veckerhagen auf die andere Seite überzusetzen. Im Ausflugslokal an der Fährstelle hat sich ein Motorradtreff etabliert.
Bei Spiegeleiern oder Apfelkuchen kann man erst einmal gemütlich von der Terrasse aus die kleine, bei Bedarf verkehrende Fähre beobachten. An einem Stahlseil wird sie von der Strömung ans andere Ufer gezogen
1 EURO für Mensch und Maschine.
Wieder festen Boden unter den Rädern, biegen wir ab in ein riesiges, dichtes Laubwaldgebiet, den Reinhardswald.
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Nur wenige befahrbare Straßen führen durch dieses urwaldgleiche Naturschutz- und Wandergebiet. Für einen kurzen Moment kann man von der Straße aus einen Turm der Sababurg erkennen.
Das "Dornröschenschloß" aus dem Grimm'schen Märchen, was man angesichts der dicht wuchernden Heckenrosen und Sträucher auch gerne glauben mag.
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Als Attraktion für romantische, hoffnungsvoll Verliebte wurde im Schloß ein Trauzimmer mit Standesamt eingerichtet.
Unterhalb der Burg befindet sich der Tierpark Sababurg, die älteste, noch erhaltene zoologische Anlage Europas.
1571 von Landgraf Wilhelm IV zur Erforschung von Tieren aus fremden Ländern eingerichtet, ist sie seit 1971 wieder eine Heimat für seltene, vom Aussterben bedrohte Tierarten.
Es ist schon später Nachmittag und so lassen wir es über Hofgeismar, Zierenberg und Naumburg ein bißchen flotter laufen, um noch rechtzeitig zum Edersee zu gelangen.
( www.edersee.com )
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Hier findet das Edersee-Meeting statt. Auf dem Wiesengelände können wir einige echte Prachtexemplare bewundern: Umbauten vom "local Harley dealer" Werkmeister aus Kassel, Schmuckstücke aus der Borkener Edelschmiede Kodlin, und so manches Bike trägt die Handschrift der Chopperprofis von AME aus Schauenburg bei Kassel.
( www.edersee-meeting.de )
In der Dämmerung tuckern wir am Edersee entlang über Korbach wieder zurück nach Willingen.
Am nächsten Tag fahren wir von Willingen durch das Twistetal und durch urige Dörfer bis zum Herkules, der hoch oben auf seinem Monument posiert.
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Der aus Eisen gegossene Athlet ist das Wahrzeichen von Kassel. Auch seine Rückansicht ist nicht schlecht
Über viele Stufen klettern wir bis unter den mit Grünspan bedeckten Helden und werden mit einer Superaussicht über die Stadt und den größten Bergpark Europas (Wilhelmshöhe) belohnt.
Zu unseren Füßen liegen terrassenartig angelegte Kaskaden mit Wasserspielen
weiter unten Schloß Wilhelmshöhe
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( www.wilhelmshoehe.de )
rechts davon die im schottischen Stil errichtete Löwenburg.
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Kassel ist eine attraktive, moderne, aufstrebende Stadt und hatte auch schon früher unter vielen deutschen Großstädten die Nase ganz vorn. So gab es hier die erste Fußgängerzone (1953), das erste Entbindungsheim für ledige Mütter (1763), das erste Staatliche Zahlenlotto (1771) und die erste Straßenbahn mit Dampflokantrieb (1887) Deutschlands, um nur einige der "ersten" zu nennen.
Kassel ist auch das Zentrum der heute 600 Kilometer langen, touristischen Deutschen Märchenstraße, die von Hanau bis nach Bremen führt. Am Rande des nahen Reinhardswaldes lebte von 1755 bis 1821 Dorothea Viehmann, die "Märchenfrau von Niederzwehren" genannt. Sie zog mit ihren Geschichten die Brüder Grimm so in ihren Bann, daß diese vieles davon in ihre berühmt gewordene Sammlung der Kinder- und Hausmärchen übernahmen. 1812 wurde der erste Band in Kassel veröffentlicht.
Wir haben eine abwechslungsreiche Tour vorbereitet und als wir mit unseren Zweizylindern durch den Kaufunger Wald brausen, werden Kindheitserinnerungen an Vorlesestunden und Hänsel und Gretel wach.
Hier also sollen sich die beiden verlaufen haben; es ist verständlich, daß sich um einen so undurchdringlichen und dunklen Urwald düstere Sagen ranken.
Ein paar Kurven weiter kommen wir auf den Hohen Meißner, auf dem Frau Holle angeblich ihre Federbetten ausgeschüttelt hat.
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Ein kurzer Abstecher an die ehemalige deutsch-deutsche Grenze.......
In Sickenberg bei Bad-Soden-Allendorf besichtigen wir das kleine aber feine "Grenzmuseum"
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Ich erinnere mich noch an die Freudenszenen in den Nachrichtensendungen, als hier im Spätherbst ´89 der "Zaun" niedergerissen wurde und sich wildfremde Menschen umarmt haben.
Wir bleiben aber in Nordhessen und schließlich erreichen wir die Trendelburg, in deren Turmgemächer die junge Dame mit dem langen Haar ihren Freier gelockt haben soll, und ganz in der Nähe lebten einst die sieben Zwerge...
Nur zwei Kilometer weiter legen wir im Hofgut Stammen ( www.hofgut.de ) bei einem erfrischenden Getränk eine Rast ein. Das an der Diemel gelegene, stattliche Anwesen mit Kanuverleih, Reitmöglichkeit, Zeltwiese und Festscheune ist eines der seltenen "Stroh-Hotels". Für wenig Geld kann man in einer mit frischem Stroh ausgelegten Kammer nächtigen.
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Unser Tourenplan führt uns immer wieder auf die Deutsche Fachwerkstraße zurück
( www.deutsche-fachwerkstrasse.de ) und wir sind nicht nur von dem halbrunden Fachwerkbau in Dahlheim oder dem malerischen Ortskern von Oberkaufungen beeindruckt.
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Wer hier die ungetrübte Schönheit der Natur und einsame Wege sucht, wird garantiert nicht enttäuscht.
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