Die Sonne bringt es an den Tag
EDERSEE.
Das Wasser sinkt und beschert dem Edersee eine seltene Attraktion:
Die sonst nur bei Tauchern beliebten Ziele auf dem Grund des Sees können nun auch von Spaziergängern trockenen Fußes besucht werden.
70 Millionen Kubikmeter Wasser waren gestern noch in dem See, der bei Vollstau 202 Millionen Kubikmeter faßt. Jeden Tag verliere der See derzeit 2 Millionen Kubikmeter, berichtete Michael Rabbe vom Wasser- und Schifffahrtsamt in Hann. Münden.
Die gestrigen Regenschauer bringen dem See gar nichts, der trockene Boden saugt alles auf.
Also lässt sich leicht errechnen, bei wie viel Wasser welche Bauten auftauchen werden:
109,80 Mio. m3: Brücke bei Asel-Süd
86 Mio. m3: Friedhof bei Bringhausen
77 Mio. m3: Durchfahrt zwischen den Inseln am Hopfenberg
64 Mio m3: Gleise im Rehbach
49 Mio m3: Brücke von Bringhausen nach Scheid
47 Mio m3: Widerlager der Brücke Bringhausen
40 Mio m3: Mittelpfeiler der Brücke Bringhausen
38 Mio m3: Stallgebäude unterhalb des Schlossberges
31 Mio m3: Modell der Sperrmauer an der Bericher Hütte
20 Mio m3: Werbebrücke von Scheid zur Bericher Hütte
Tiefer sinkt der Wasserstand nicht, denn 20 Millionen Kubikmeter bilden die eiserne Reserve.
Damit die Fische nicht auf dem Trockenen zappeln, werde dann auch kein Wasser mehr für die Schifffahrt auf der Weser abgelassen, erläuterte Uwe Klemm, Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes..
Zuletzt hat der Edersee 1991 diesen seltenen Tiefststand erreicht.
Manch Urlauber wird beklagen, dass der See immer weniger Wasser hat.
Doch für die Talsperrenverwaltung bietet sich jetzt auch die einmalige Chance, vom Zerfall bedrohte Bauten zu sanieren, die sonst meterhoch von Wasser bedeckt sind.
Was zunächst wie Geldverschwendung anmutet - schließlich sind die Bauten fast ständig überflutet -
ist für die Behörde gern erfüllte Pflicht.
Amtsleiter Uwe Klemm: „Als der Edersee 1914 gestaut wurde, hat sich der Talsperrenbetreiber gesetzlich verpflichtet, die denkmalgeschützen Bauten zu erhalten. Da können und wollen wir uns nicht rausstehlen.“
Dabei gebe es keine kostenintensive Sanierung. Klemm: „Wir machen das mit unseren Leuten aus eigenen Mitteln.“ An der Brücke in Asel werden derzeit die Bruchsteinmauern verfugt, die Dehnungsfugen neu ausgegossen, die Widerlager befestigt. Klemm: „Wir versuchen, das zu erhalten, was noch da ist. Nur so können die Menschen ein Gefühl für die Geschichte bekommen, nacherleben, wie es hier vor der Überflutung war.“
Auch die bald auftauchenden Bauten sollen, so Wasserbaumeister Marko Drebes, wo nötig und möglich befestigt werden. Drebes:
„Wo immer wir drankommen, versuchen wir es zu erhalten.“ Sanierungsarbeiten sind auch an der Staumauer geplant.
Für die Edersee-Besucher seien die versunkenen Dörfer eine echte Attraktion, meint Drebes.
„Sie glauben nicht, wie viele von überall her anrufen und wissen wollen, was wann auftaucht und besucht werden kann.“