"Was sind das nur für Frauen, die zu so etwas fähig sind",
fragt man sich unwillkürlich angesichts des neuesten Falles von
gefährlicher Vernachlässigung, der sich letztes Wochenende in Augsburg
ereignete.
Wie erst jetzt bekannt wurde, befreite die Polizei am Sonntag gegen
Mittag in Lechhausen aus einer Hochparterrewohnung einen kurz vor dem
Verdursten stehenden, schlecht ernährten 37-jährigen Mann. Nachbarn
hatten die Ordnungshüter alarmiert.
Die Lebensgefährtin des Mannes war am Morgen für ein paar Stunden mit
den Kindern zu den Großeltern gefahren. In der Wohnung fanden die
Mitarbeiter der Polizei keinerlei altersgerechten Getränke.
"Nur Wasser, Tee und Säfte, so was habe ich noch nie gesehen", so der
noch sichtlich mitgenommene Polizeibeamte. Er und seine Kollegen erleben
so einiges, aber in jener Wohnung fanden sie nicht einmal genügend
Nahrung für eine einzige Männermahlzeit. Nur Müsli, Milchprodukte und
Rohstoffe wie Kartoffeln, Reis oder Eier, die vor dem Verzehr erst noch
verarbeitet werden müssten, befanden sich in der Küche. Die Regale der
Wohnung quollen über von kulturwissenschaftlicher Fachliteratur. Aber es
fand sich keine einzige Männer-, Auto- oder Fußballzeitschrift. Auch
kein Fernseher.
Die Beamten brachten den Mann in eine Kriseneinrichtung der gastronomischen Hilfe, dem "Klein's Brauhaus" in der Bahnhofstraße.
Der Leiter der Einrichtung päppelte den Mann persönlich mühsam über Stunden mit Bier und Korn wieder auf.
Mitarbeiter des zuständigen Pizzaservice verteilten Notrufnummern in der
Nachbarschaft. "Warum erst jetzt !?" fragten einige.
Oftmals sind Männer, die Opfer dieser Form von Vernachlässigung geworden sind,
schlicht und einfach nicht in der Lage, selbst um Hilfe zu bitten.
Seit sich schnurlose Telefone in den Haushalten allgemein durchgesetzt haben,
wissen oft nur noch die Frauen, wo in der Wohnung sich diese Telefone
befinden. Junge Frauen seien mit der Haltung und Pflege eines Mannes
häufig überfordert.
Der zuerst possierlich wirkende Mann werde schnell zu einer Belastung,
wenn er nach der Balz seine typischen Verhaltensweisen der
Sesshaftigkeit ausbilde.
Spätestens wenn die ersten Kinder da seien, bleibe den Frauen neben
ihrer Berufstätigkeit kaum noch Zeit für den Mann. Böse Absicht sei es
eigentlich so gut wie nie, die Frauen dazu bewege, ihren Mann alleine zu
Hause zu lassen. Aber Fälle wie dieser erschüttern auch die
Einsatzkräfte. "Der Ärmste hat bloß noch 90 Kilo gewogen." Fassungsloses
Kopfschütteln.
Dem Mann geht es glücklicherweise wieder den Umständen entsprechend gut.
Aber das Entsetzen bleibt.
Nachbarn und Anwohner stellten Flachmänner
und Sixpacks unter dem Balkon des Opfers auf und entzündeten Kerzen.
Auf einem handgeschriebenen Zettel steht die Frage: "Warum?"
Diese Geschichte bewegt hier alle.